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64'er

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Professionelle Floppy-Laufwerke für den C 64

64'er Ausgabe 10/Oktober 1985, S. 30-31

Ein bis zwei Megabyte Speicher, fünfmal schnellere Datenübertragung und höchste Zuverlässigkeit am C 64 - warum nicht? Die "großen" Laufwerke von Commodore machen es möglich.

Das 1541-Laufwerk ist neben dem 1571 das einzige von Commodore hergestellte Diskettenlaufwerk, das an den C 64 direkt anschließbar ist. Gleichzeitig ist es ab er auch das langsamste. Warum bei der Entstehung des C 64 ausgerechnet die 1541 (damals 1540) favorisiert wurde, obwohl Commodore auch andere, wesentlich leistungsfähigere Laufwerke herstellt, ist wahrscheinlich ein Relikt aus VC 20-Zeiten. Der Preis ist, zumindest heute, kaum noch ein Grund auf ein größeres Laufwerk zu verzichten. Die SFD 1001, ein sehr schnelles Laufwerk mit einem Mega Byte Speicherkapazität, wird inzwischen schon für 698 Mark im Handel angeboten und ist damit nicht wesentlich teurer als die 1541. Auch die 8250 (alte Version), ein Doppellaufwerk mit zwei Megabyte, kostet heute weniger als 2000 Mark. Diese Laufwerke lassen sich leider nicht direkt am C 64 anschließen, da sie einen parallelen IEEE-488-Bus voraussetzen. Dieser Bus arbeitet wesentlich schneller als der serielle lEC-Bus des C 64. Natürlich können serielle Schnittstellen auch recht flott sein (über 19200 Bit pro Sekunde), aber beim seriellen lEC-Bus kommt ein weiteres Manko hinzu: Das gesamte Bus-Timing wird durch Software gesteuert, die umständlich und langsam arbeitet. Deshalb gibt es dort auch so viele Ansatzpunkte für Beschleunigungsroutinen, wie zum Beispiel das Programm "Hypra-Load".

Der IEEE-488-Bus

Dieser Bus ist kein Commodore-typisches Konzept, er wird von verschiedenen Herstellern, vor allem für Mehrbenutzer- und Meßsysteme, verwendet. Deshalb kann man ihn durchaus als Standard-Schnittstelle für Peripheriegeräte bezeichnen. Er wurde bei nahezu allen Geräten von Commodore verwendet, die vor dem C 64 entwickelt wurden (zum Beispiel bei der 3000-, 4000- und 8000-Serie). Sogar der legendäre Pet 2001 verfügte über diese Schnittstelle.

Darum ist es schwer verständlich, daß bei der Entwicklung des C 64 von diesem bewährten Konzept abgewichen wurde. Glücklicherweise ist der C 64 ein sehr vielseitiger Computer. So dauerte es nicht lange, bis die ersten IEEE-488-Interfaces für den C 64 auf den Markt kamen. Sehr gut eignet sich das in der 64'er, Ausgabe 7/85 vorgestellte Interface, nicht nur wegen seines Preises (Bausatz 75 Mark, Fertiggerät 98 Mark), sondern auch wegen der sehr guten Verträglichkeit mit den meisten kommerziellen Software-Produkten. Viele Textprogramme arbeiten zum Beispiel völlig problemlos mit diesem Interface.

Es gibt eine große Palette IEEE-488 Peripheriegeräte von Commodore und anderen Herstellern. Schon die einfacheren Diskettenlaufwerke wie die 2031 oder die 4040 beeindrucken durch ihre Schnelligkeit, die fünfmal höher liegt als bei der 1541. Aber richtig interessant wird die Sache erst bei den Laufwerken SFD 1001 und 8250.

Commodore SFD 1001
Bild. Gar nicht mehr so teuer: Die "Traum-Laufwerke" von Commodore

Die großen Laufwerke

Es ist schon eine beeindruckende Tatsache, wenn man nach dem Formatieren einer Diskette mit der SFD 1001 die Meldung "4133 Blocks free" bekommt. Aber dieses Laufwerk ist nicht nur fünfmal so schnell und kann mehr als das Sechsfache speichern, dieser Platz ist auch vielseitiger verwendbar, als bei der 1541 oder auch bei älteren Floppies, wie der 8050. Bei der 8050, einem Doppellaufwerk mit 500 KByte pro Diskette, dürfen relative Dateien nur zirka ein Drittel einer Diskette füllen. Diese Regelung gibt es bei der SFD 1001 nicht mehr, so daß die Größe von relativen Dateien nur durch den verfügbaren Diskettenplatz begrenzt ist. Gleichzeitig sind diese Laufwerke unerhört zuverlässig, ein kleines Beispiel aus der Praxis soll dies verdeutlichen. Beim Commodore Anwender-Club München ist eine SFD 1001 zum Betrieb der Club-Mailbox (Tel. 089/ 8120338) eingesetzt. Das Mailbox-Programm ist so konzipiert, daß es keinerlei Daten (außer dem Programm selbst) im Speicher hat. Die gesamte Datenübertragung wird direkt von und auf der SFD 1001 abgewickelt - eine enorme Belastung. Dies macht die SFD 1001 nun schon seit mehr als vier Monaten Tag für Tag, 24 Stunden durchgehend. In dieser Zeit gab es keinen einzigen Schreib oder Lesefehler!

Alle IEEE-488-Laufwerke haben einen doppelt so großen Pufferspeicher, wie die 1541. Das bedeutet, daß drei relative oder fünf sequentielle Dateien gegenüber einer relativen oder drei sequentiellen Dateien bei der 1541 gleichzeitig geöffnet sein dürfen. Besonders interessant ist das Arbeiten mit Doppellaufwerken, wie zum Beispiel der 4040, 8050 oder 8250. Die 4040-Floppy besitzt als einzige das gleiche Aufzeichnungsformat wie die 1541, allerdings verleiht ihr der IEEE-488 Bus fast Flügel. Trotz des gleichen Diskettenformats ist eine 4040 mehr als zwei zusammengekoppelte 1541.

Ein Doppellaufwerk ist mehr als zwei Einzellaufwerke

Durch die Befehle BACKUP und COPY dupliziert die 4040 beispielsweise eine Diskette, ohne den Computer damit zu belasten. Diese ganzen Möglichkeiten stehen natürlich auch mit der 8050- oder 8250-Floppy offen, nur mit wesentlich höheren Datenmengen. Das bedingt aber auch ein anderes Aufzeichnungsformat auf der 5,25-Zoll-Diskette. Eine 8250 kann deshalb keine auf der 1541 bespielte Disketten lesen und umgekehrt. Der einzige Weg, die Daten vom 1541 auf den SFD 1001- und 8250-Laufwerken zu verwenden, besteht darin, sie zu überspielen. Mit dem Überspielen kommerzieller Programme vom 1541- auf das 8250-Format hat es allerdings so seine Besonderheit auf sich. Obwohl die meisten Programme auch mit diesen Laufwerken (bei Verwendung des 64'er-Interfaces) problemlos funktionieren, ist man gezwungen, den, verständlicherweise angebrachten, Kopierschutz zu entfernen. Bei der Raffinesse heutiger Schutzarten wird das aber in der Regel ein erfolgloses Unterfangen sein.

DOS-Befehle

Wenn man über ein Doppellaufwerk verfügt, bekommt zum Beispiel der DOS-Befehl COPY eine ganz neue Bedeutung. Mit ihm kann man jetzt einzelne Files von einer Diskette auf eine andere kopieren. Man kann aber auch alle Möglichkeiten der Namensauswahl treffen, die schon von der 1541 her bekannt sind. Damit sind die Zeichen "?" und "*", die die Programmauswahl aus dem Disketteninhaltsverzeichnis wesentlich erleichtern, gemeint. So kann man jetzt zum Beispiel alle Programme, die mit "C" anfangen, mit dem Befehl: OPEN1,8,15,"C0:*=1:C*" leicht vom Laufwerk 1 zum Laufwerk 0 kopieren. Übrigens kann man mit dem COPY-Befehl auch Dateien beim Kopieren zusammenfügen, wie es ja schon von der 1541 her bekannt ist. Das geht aber eigentlich nur bei sequentiellen Dateien gut, da Programme nur physisch zusammengehängt werden. Was weniger bekannt ist, und auch bei der 1541 geht, ist das Anhängen einer Datei an eine andere, ohne die erste Datei zu kopieren. Der Befehl lautet hier: "CO:FILE1=0:FILE1,0:FILE2".

Das bedeutet, daß die Datei mit dem Namen "FILE2" ein zweites Mal auf der Diskette angelegt und an die Datei "FILE1" angehängt würde. Die Laufwerksbezeichnungen "0:" sind mit anzugeben, obwohl sie eigentlich überflüssig wären. Werden sie weggelassen, so meldet die Floppy den Fehler "FILE EXISTS" und deutet damit an, daß sie die Datei mit Namen "FILE1" auch kopieren will, aber der Zielname identisch mit dem Urnamen ist. Für Doppellaufwerke interessant ist der Befehl "DUPLICATE", mit dem die Floppy eine komplette Kopie aller Informationen durchführt. Dieser Befehl wird in den Handbüchern von Commodore nicht erläutert. Deshalb sei hier näher darauf eingegangen. Die Syntax des Befehls lautet "D:1=0".

Hierbei findet eine Datenübertragung einer gesamten Diskette vom Laufwerk 0 auf das Laufwerk 1 statt. Es geht natürlich auch umgekehrt, wenn man die beiden Werte vertauscht. Die Floppy formatiert die angegebene Zieldiskette erst und kopiert dann Spur für Spur von der Original- auf die [Ziel-]Diskette. Dieser Vorgang läuft intern in der Floppy ab, belastet also weder den Bus noch den daran angeschlossenen Computer.

Endlich ein angemessener Massenspeicher

Insgesamt betrachtet, kann man sagen, daß das Arbeiten mit den "großen" Floppies von Commodore einfach fantastisch ist. Man hat endlich einen Massenspeicher, der dem C 64 gewachsen ist, sowohl in bezug auf die Geschwindigkeit als auch den verfügbaren Speicherplatz. Der Star dieser Laufwerke (abgesehen vom Festplattenlaufwerk mit 9 Mega Byte) ist die 8250, denn sie besteht aus zwei Laufwerken mit insgesamt vier Schreib-/Leseköpfen. Mit ihr kann man 2 Mega Byte direkt ansprechen. Das ist wesentlich mehr als der Marktführer der Personal Computer, der IBM-PC, bieten kann. Dessen Laufwerke haben in der Grundausstattung nur zweimal 360 KByte und damit kaum mehr als ein Drittel der Kapazität einer 8250 anzubieten.

Warum eigentlich nicht?

Die 1541/1571 wird sicherlich das Standard-Laufwerk für den C 64 bleiben. In ihrem Disketten-Format gibt es die meisten Programme und ihre Leistungen reichen in der Mehrzahl der Anwendungen auch aus. Da sich aber auch im Heimbereich Anwendungen wie Datenverwaltung und Textverarbeitung immer mehr durchsetzen, ist die Anschaffung eines "großen" Laufwerks sicherlich eine Überlegung wert. Eine der interessantesten Alternativen ist die SFD 1001, die, zusammen mit dem von uns veröffentlichten Interface, weniger als 800 Mark kostet. Nicht zu unterschätzen ist auch der Preisvorteil bei den Speichermedien, denn immerhin paßt auf eine mit der SFD bespielten Diskette das Sechsfache einer 1541-Diskette. In Kombination mit diesen Speicherriesen macht der C 64 fast seinem Nachfolger Konkurrenz, dem C 128.

(K. Hinsch/aw)

© Originalartikel: WEKA Verlagsgesellschaft, 64'er
© HTML-Veröffentlichung: Projekt 64'er online
Erfassung des Artikels: Martin Klarzynski (Martins Homepage)



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